»Venezia’79 la Fotografia« Rekonstruktion und Reflexion einer Ausstellung
Venedig gilt spätestens seit der Renaissance als eine Hauptstadt der Künste. Sie ist bis heute als weltoffene Metropole bekannt, in der sich Künstler:innen aus Europa treffen, sich austauschen und von einander lernen. Seit 1895 findet in der Lagunenstadt alle zwei Jahre die Biennale di Venezia statt. Durch die Initiative von Cornell Capa, Leiter des I.C.P. (International Center of Photography) in New York und des Fotografen Chris Broadbent sowie der Stadtverwaltung von Venedig entstand 1977 die Idee, 140 Jahre nach der Entwicklung der Fotografie eine Biennale für Fotografie zu konzipieren, die sich ausschließlich dem Medium widmet. Es sollte eine internationale Leistungsschau der zeitgenössischen und modernen Fotografie werden, welche die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft des Mediums gleichermaßen mitberücksichtigt. Das Projekt wurde organisiert und finanziert von der Kulturabteilung der Stadt Venedig, der UNESCO sowie mit Cornell Capa vom I.C.P. als künstlerischem Leiter. Zuvor gab es lediglich vereinzelt Ausstellungen mit Fotograf:innen innerhalb der Kunstbiennale Venedig und in europäischen Kunstmuseen. Bis zur »Venezia’79 la Fotografia«, wurde die Fotografie in der Öffentlichkeit meist nur als Mittel zum Zweck angesehen. Fotografie war die Dienerin für Boulevardpresse, Werbung, Postkartenbilder, Kriminaltechnik, wissenschaftliche Dokumentation für die Kunstgeschichte, um zu beweisen, wie es gewesen war, oder sie diente der Familie als Erinnerungsbild. Für die »Venezia’79« wurden ca. 3 600 Werke für 26 Ausstellungen an 6 Ausstellungsorten zusammengetragen und 45 Workshops mit international renommierten Fotograf:innen organisiert. Zu dem erweiterten Rahmenprogramm gehörte eine Konferenz in Modena, auf der über Fotografie als Kulturgut diskutiert wurde. Die »Venezia’79« gilt bis heute als eine der wichtigsten Fotoveranstaltungen für die Anerkennung der modernen Fotografie als museales Objekt. In einer Spurensuche wird die Genese der »Venezia’79« nachgezeichnet und eine Rekonstruktion anhand von historischen Materialen entstehen. Die Ausstellungskonzeption und Ausstellungsgliederung, Orte, Räume, Gestaltung und die Installation werden analysiert und beschrieben. Die Sammler:innen und Sammlungen, Themen, Einzelausstellungen, Fotograf:innen sowie das Rahmenprogramm sollen in der nachfolgenden Untersuchung recherchiert, beleuchtet und hinterfragt werden. Daneben wird das Grafikdesign der begleitenden Druckmedien, Orientierungs- sowie Leitsystem und Außenwerbung recherchiert, analysiert und kritisch beschrieben. Für die Ausstellungsreflexion werden Presseberichte ausgewertet. Für eine weitere Untersuchung werden wissenschaftliche Arbeiten sowie Ausstellungsansichten herangezogen. In dieser Arbeit sollen die Ausstellungen mit Ausnahme der Kunstwerke rekonstruiert werden. Die Nachhaltigkeit der Präsentation und Ausstellungsvermittlung für die Autorenfotografie sowie die folgenden Ausstellungen und die Beteiligung an den Workshops werden beleuchtet.
Text: Benjamin Ochse